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Ein FJ-Lehrer und ein FJ-Absolvent als Buchautoren
Das aktuelle Buch von Johannes Kammerstätter, ehemals Lehrer am FJ, beleuchtet den wohl umstrittensten Politiker Österreichs: Engelbert Dollfuß, Bundeskanzler der Ersten Republik, aus einem neuen Blickwinkel. Auch in der Geschichte des Francisco Josephinum gibt es eine Verbindung zum Agrarpolitiker und Ständestaat-Kanzler. FJ-Absolvent Johann Wögerer hat vor Kurzem ebenfalls ein neues Buch veröffentlicht: Es bietet unter dem Titel „Gott, die Natur und der Mensch mit seinen tausend Eigenschaften“ viel Stoff zum meditativen Nachdenken.
Was das Francisco-Josephinum mit Engelbert Dollfuß verbindet
Seit seiner Pensionierung widmet sich Kammerstätter auch als Buchautor mit eigener Verlagsedition sozialhistorischen Themen. So hat er mehrere Bücher, etwa über die verschwundene jüdische Kultur im Land, veröffentlicht. 90 Jahre nach der Ermordung des Ständestaat-Kanzlers hat er nach jahrelanger, akribischer Recherche ein neues Buch über Engelbert Dollfuß (1882 - 1934) verfasst, das den Bundeskanzler der Jahre 1932 und 1934 (überlappend auch Landwirtschaftsminister von 1931 bis 1933, Anm.) in einer Zeit des anlaufenden nationalsozialistischen Terrors beleuchtet. Der Politiker ist bis heute umstritten. Ihm wird vorgeworfen, ab 1933 sukzessive die Demokratie ausgeschaltet zu haben. Er hat als Kanzler das Parlament ausgeschalten, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei – wie auch die KPÖ und die NSDAP – verboten und im Februar 1934 auf Arbeiter schießen lassen. Im Juli 1934 wurde er eines der ersten Opfer Adolf Hitlers, von Nazis im Kanzleramt am Ballhausplatz erschossen.
Kammerstätter selbst sagt: „Dieses Dollfuß-Buch war für mich ein Langzeitprojekt. Es gerade jetzt fertigzustellen, steht im Zusammenhang mit der Schließung des Dollfuß-Museums in Texing.“ Seine These lautet: „Dollfuß ist gerade deswegen der umstrittenste österreichische Politiker im 20. Jahrhundert, weil seine Staatsidee für Österreich und sein Lösungsmodell für Interessenkonflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern noch immer erfolgreich funktionieren. Gleichzeitig ist es verpönt, seinen Namen damit in Verbindung zu bringen.“
Zwei wichtige Fragen seien über Dollfuß und den Ständestaat bisher nicht in Betracht gezogen worden: die Absicht der nationalsozialistischen Täter und die entsprechenden Reaktionen der jüdischen Österreicher. „Die NS-Strategen konnte nur ein einziger Gegner aufhalten: ein katholischer Staat auf berufsständischer Grundlage. Genau das war aber die Staatsidee von Dollfuß.“ Aus jüdischer Sicht war Österreich in dieser Zeit ein Bollwerk gegen die drohende NS-Aggression, für die Zionisten sogar Platzhalter für den noch nicht bestehenden jüdischen Staat, meint Kammerstätter. „Eine für viele überraschende Erkenntnis, die auf den bisherigen Streit um Dollfuß ein völlig neues Licht wirft.“
Der Titel des Buches „Der Staat, den schließlich alle wollten“ ist provokant gewählt. Woran macht der Sozialhistoriker und Autor diese Aussage konkret fest? Kammerstätter: „Das ist nicht schwer. Erst als im Zuge der geplanten Volksabstimmung für Österreich die gesamte Vertretung der illegalen Arbeiterschaft ihre Mitglieder aufforderte, für den Bestand Österreichs zu stimmen, kam die NS-Okkupation Österreichs diesem Bekenntnis zum ‚Staat, den schließlich alle wollten‘ zuvor.“
Kammerstätter beschreibt detailliert auch den Agrarpolitiker Dollfuß, ein europaweiter Experte für die Ordnung von Märkten. „Märkte hatten für ihn die Funktion, Einkommen zu erzielen, den Wohlstand zu mehren und dem Gemeinwohl zu dienen. Er hatte daher überhaupt kein Verständnis für ruinösen Kapitalismus oder für den Klassenkampf.“ Dollfuß spielte eine immens wichtige Rolle bei der Gründung der Landwirtschaftskammern und für das agrarische Schulwesen – auch für das Francisco-Josephinum. So veranlasste er noch wenige Monate vor seinem Tod dessen Übersiedlung 1934 vom Gründungsort Mödling nach Weinzierl. Einerseits, um den Studierenden im nahen Bundesgut Rottenhaus mehr praktischen Unterricht zu ermöglichen; andererseits um diese auch dem zunehmend deutschnationalen (und nationalsozialistischen) Umfeld in Wien und Umgebung zu entziehen.
Das Schloss Weinzierl war dem Kanzler seit langem bekannt. Dollfuß verbrachte regelmäßig seinen Urlaub im nahen Schloss Wolfpassing, hatte reges Interesse an der dortigen Molkerei und ist bis heute Ehrenbürger von Steinakirchen. Nach Weinzierl wechselten laut Kammerstätter „nur die ausgesprochen vaterländisch gesinnten Lehrer, darunter Leopold Walzer und Egon Dumbacher“. Beide Patrioten wurden später von den Nazis verfolgt. „Walzer wurde nach 1945 zum Mitbegründer der Prüfanstalt für Landtechnik. Dumbacher zog sich in dieser Zeit Feinde zu, weil er in Sachen Entnazifizerung eine für viele zu strenge Linie vertrat“, heißt es in dem Buch.
Ob er damit rechnet, dass Dollfuß künftig auch von dessen Kritikern nach der Lektüre seines Buches in einem neuen Licht gesehen wird? Kammerstätter: „Ansprüchen entspricht es, bisherige Standardansichten zu historischen Personen und ihren Projekten in Frage zu stellen. Wissenschaft lebt vom Diskurs, den parteinahe Experten nicht verwässern sollten.“
BERNHARD WEBER
- „Der Staat, den schließlich alle wollten“, Verlagsedition „Tragbares Vaterland“, 480 Seiten, 49 Euro; Bestellungen: bauxberg2@ gmx.at; www.tragbaresvaterland.at
345 Seiten zum meditativen Nachdenken
FJ-Absolvent Johann Wögerer, MJ 1969 LW, beschäftigt sich mit der Schöpfung der Welt und mit den Eigenschaften des Menschen. Seine Gedanken dazu hat er niedergeschrieben und vor kurzem unter dem Titel „Gott, die Natur und der Mensch mit seinen 1000 Eigenschaften“ in Buchform veröffentlicht.
Johann Wögerer hat in seinem neuen Buch nicht nur seine persönlichen Gefühle und Erlebnisse, sondern auch viele Zitate und Aussagen von vielen historischen Persönlichkeiten wie Johann Wolfgang von Goethe oder Marie von Ebner-Eschenbach erfasst. Der ehemalige Lehrer war langjähriger Direktor der Volksschule Winklarn im Bezirk Amstetten. Er beschreibt insgesamt 166 Eigenschaften, denen er im Buch auch jeweils ein Bild zugeteilt hat. Eingeleitet von einem Prolog über die Entstehung der Erde und des Menschen sowie der Weltreligionen folgen die Eigenschaften des Homo sapiens – wobei immer nur eine von dessen Eigenschaften je Seite behandelt wird.
Die Leser und Leserinnen haben damit eine Art Lexikon vor sich, mit den Abhandlungen zu den jeweiligen Eigenschaftsworten. Die passenden Bilder dazu ermöglichen ein meditatives Nachdenken sowohl über das Gelesene als auch über das abgebildete Motiv. Nachfolgend ein Auszug daraus über das Eigenschaftswort „bodenständig“: „Bis ein Mensch ohne Hilfe allein mit beiden Beinen auf dem Boden stehen kann, vergeht von seiner Geburt an im Durchschnitt ein Jahr. Ich brauchte angeblich sechzehn Monate, gehörte also zu den Spätentwicklern. Vielleicht fühlte ich mich auf allen Vieren sicherer, auf jeden Fall soll das Krabbeln sehr gesund sein, die Muskulatur wird in allen Bereichen gestärkt, der Blutkreislauf bleibt in Schwung, und die Beweglichkeit wird geschult. Voraussetzungen, um später stabil und sicher unterwegs zu sein. Allerdings gehört zur körperlichen Ertüchtigung auch die geistige Entwicklung, die mentale Förderung, dazu. Schon Goethe sagte: „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ Beide sind ein positives Synonym für bodenständig.
Verwurzelt heißt, in Geborgenheit, in Liebe aufgewachsen zu sein. Als „Nesthocker“ brauchst du das Gefühl der Sicherheit, du sollst nicht Angst haben müssen – bewusst oder unbewusst – aus dem Nest hinausgedrängt oder gar hinausgestoßen zu werden. Wenn du dich in der Familie wohl fühlst, wenn dich deine Eltern im Heranwachsen zum Großwerden unterstützen, fördern, dir dabei möglichst viel Freiheit lassen, dich aber lehren, Grenzen anzuerkennen, einzuhalten, dich respektieren, so wie du bist, aber vice versa du lernst, Vater und Mutter zu ehren, auf dass es ihnen wohlergehe auf Erden – so wie es auch in der Bibel steht – dann wirst du ein selbstbewusster, selbstsicherer Mensch werden. Dabei wird es nicht darauf ankommen, wie klug, ob du gesund, behindert oder krank bist. Um fest verwurzelt, um fest mit dem Boden verankert zu sein, braucht es eine Stütze, einen Halt, wie bei einem frisch gepflanzten Baum, dem man einen Holzpflock zur Seite stellt, um nicht von starken Winden oder gar Stürmen gebogen, geknickt oder umgerissen zu werden. (FG)
- „Gott, die Natur und der Mensch mit seinen tausend Eigenschaften“, 345 Seiten, 25 Euro. Erhältlich ist das Buch direkt beim Autor, Johann Wögerer, Tel. 0664/73633092, eMail: j.woegerer@gmail.com